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  • AutorenbildSarah Bauernhofer

Geburtenstation Hartberg: Ende gut, alles gut.

Als wir für den Erhalt der Geburtenstation in Hartberg zu kämpfen begonnen haben, habe ich, als eine, die selbst in der politischen Kommunikation tätig war und dadurch einiges mitbekommen hat, nicht zu 100% daran geglaubt, dass diese Sache wirklich zu unserem Wohle ausgehen kann. Ist etwas in der Politik beschlossene Sache und in einem Strukturplan mal festgesetzt, fällt es schwer, hier noch eine Änderung zu bewirken - vor allem als einfache Bevölkerung. Wir haben es dennoch geschafft und gemeinsam eine Struktur gebrochen, die eine Verschlechterung unserer Gesundheitsversorgung dargestellt hätte. Gestern habe ich das, was ich angefangen habe, zu Ende gebracht. Es ist bei einer qualifizierten Petition immer vorgesehen, dass der Petitionswerber in den Ausschuss geladen wird, um dort das Anliegen nochmal vor allen Fraktionen vorzutragen. Trotz beschlossener Sache, dass die Geburtenstation nun bleibt, bin ich dieser Einladung gefolgt und habe die Angelegenheit gut und würdig zu Ende geführt.


Kurz zum Ablauf: Der Ausschuss fand im Rittersaal im Landhaus statt. Ich kann es nicht genau sagen, wie viele PolitikerInnen und Beamten anwesend waren, aber es waren viele. Abgeordnete aller im steirischen Landtag vertretenen Fraktionen waren hier und auch der Landesrat für Gesundheit, Karlheinz Kornhäusl, war anwesend. Von ihm wurde ich schon vor Beginn vom Ausschuss begrüßt und er machte einen wirklich sympathischen Eindruck. Um 16:40 Uhr begann der Petitionsausschuss und ich habe vor dem Saal gewartet, bis mich Mitarbeitende der Landtagsdirektion hineingeholt haben. Ich war nur ein ganz wenig nervös, da ich wusste, dass es hier zu keinem "fight" mehr kommen würde. ;) Ich war ganz alleine unterwegs (deswegen gibt's auch keine Fotos), da mir auch bewusst war, dass der Ausschuss nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist und Inhalte vertraulich behandelt werden. Ich war zwar alleine dort, hatte aber den großen Rückhalt der Community immer im Kopf. Und so nahm ich als am Ende der langen Tafel neben Lambert Schönleitner (er ist von den Grünen und leitet den Ausschuss) Platz und es folgte vom Klubobmann der SPÖ eine kleine Berichterstattung zur Petition. Dann hatte ich die Möglichkeit 10 Minuten zu sprechen. Was ich gesagt habe, habe ich unten zusammengefasst. Obwohl wirklich viele steirische Politikerinnen und Politiker vor mir hatte, die alle meinen Respekt und meine Wertschätzung haben, fiel es mir nicht schwer, meine Wort an die Damen und Herren zu richten. Es war eine ganz besondere und für mich sehr prägende Erfahrung, hier sprechen zu dürfen und bedanke mich für die Einladung, aber auch für die Wertschätzung die mir hier im Rittersaal vom Landhaus entgegen gebracht wurde. Nachdem ich fertig war, meldete sich der Landesrat zu Wort und bekräftigte nochmal, dass die Geburtenstation gesichert sei. Andere Parteien bedankten sich bei mir für unseren Einsatz für die Region. Als der Ausschuss vorbei war, kamen einige Politikerinnen und Politiker auf mich zu (die Oppositionsparteien, muss ich hier dazu sagen. SPÖ und ÖVP hielten sich wie üblich bedeckt ;) ) und gratulierten zur erfolgreich abgeschlossenen Petition. Es sei nämlich ganz selten der Fall, dass eine Petition, die so eine große Sache behandelt, tatsächlich erfolgreich - für die Petitionswerber - ausgeht.


Und hier die Rede:


Geschätzte Abgeordnete des Petitionsausschusses, sehr geehrte Mitglieder der Landesregierung!


Als ich 2013 und 2016 auf der Geburtenstation vom LKH Hartberg meine beiden Kinder gesund und munter sowie ohne größere Komplikationen zur Welt gebracht habe, war die Tatsache, dass auf dieser Station jedes Jahr 700 Kinder zur Welt gebracht werden absolut unwichtig. Es war mir, trotz Verbundenheit zur Region, nicht mal bekannt.


Die Qualität der Station war sichtbar und vor allem spürbar, das musste mit keinen Zahlen belegt oder bewiesen werden. Wichtig war für mich nur, dass ich in der Nähe von unserem Zuhause (Hartberg war damals 35 Autominuten von unserem Wohnort entfernt - wir waren im tiefsten Joglland auf 1100m Seehöhe zu Hause) entbinden kann. Und wichtig war für mich auch, ständig umsorgt von kompetenten Ärztinnen und Ärzten sowie einem liebevollen und fähigen Hebammen- und Pflegeteam die größten Momente meines Lebens durchlaufen zu können bzw. durchlaufen dürfen. Die Betonung liegt hier heute nämlich tatsächlich auf „DÜRFEN“.


Denn wie sich in den letzten Jahren herausgestellt hat, wird genau so eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung - vor allem für die Zeit der Schwangerschaft und der Geburt - immer mehr zum Privileg. Zu einem Privileg, das wir Frauen am Land, vor allem wir Frauen am Land, wir Frauen rund um Hartberg und darüber hinaus sehr zu schätzen wissen. Ein Privileg, das uns – so sah es im Juni 2023 aus - nicht mehr vergönnt sein sollte. Plötzlich zählte nicht mehr nur die Qualität der Geburtenstation, die 700 Geburten (ich habe erst im Juni 2023 erfahren, wie viele Kinder in Hartberg pro Jahr das Licht der Welt erblicken) wurden für mich immens wichtig. Man hat nämlich tatsächlich überlegt – ich glaube ja, es stand schon fest - die Geburtenstation die 700 Geburten im Jahr verzeichnet von Hartberg nach Feldbach zu verlegen. Man hat überlegt, eine Station mit 700 Geburten pro Jahr einfach zu schließen. Man war anscheinend der Meinung, dass dieser Schritt - ich zitiere den Vorstand der KAGes bei einem persönlichen Gespräch mit mir und der damaligen Landesrätin Bogner-Strauß – „nur zu unserem Besten sei.“ Doch in Wahrheit wär dieser Schritt genau das Gegenteil gewesen. Viele Frauen müssten bei einer Verlegung weit über eine Stunde Fahrtzeit zur Entbindung in Kauf nehmen. Alle heute hier Anwesenden, die wissen, wie sich Wehen anfühlen oder die schon einmal eine Frau mit Wehen begleitet haben, sollen bitte einmal die Hand heben, wenn sie der Meinung sind, dass dies tatsächlich zumutbar ist. Viele Kinder würden im eigenen PKW – ohne Hebammen oder Ärztinnen und Ärzte – oder im Rettungswagen das Licht der Welt erblicken. Und zu viele Babies wären es, und da ist eines schon zu viel, die es gar nicht auf die Welt schaffen würden. Deshalb war für uns – trotz aller Schönrednereien, furchteinflößenden Gerüchten hinsichtlich eines massiven Ärztemangels und einer potentiell bestehenden Gefahr wenn man auf der Station entbindet und diversen Augenauswischereien, klar – eine Schließung der Geburtenstation in Hartberg kommt für uns nicht in Frage! Wir haben monatelang für unser Recht, für eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung - die wir ja auch selber finanzieren - gekämpft. Wir haben unzählige Stunden an Zeit investiert, um nicht nur bei der eigenen Bevölkerung, sondern auch bei den Verantwortungsträgern wie Landesregierung oder KAGes Gehör zu finden, um Unterstützung von allen Seiten zu erhalten bzw. von einer Verlegung der Station abzusehen. Wir Frauen am Land haben gemeinsam mit unseren Familien, Freunden und Bekannten und sogar Kindern gezeigt, dass man mit uns nicht alles machen kann. Ich empfehle Ihnen, auf unserer Website die Fotos von unserem get-together vor dem LKH Hartberg anzusehen. Und wie man heute weiß: We did it. Wir wurden von den Verantwortlichen, zum Teil auch von Ihnen, wahrgenommen und gehört. Unsere Petition war mehr als erfolgreich, sonst dürfte ich heute nicht hier sein, und schlussendlich hat Landeshauptmann Christopher Drexler höchstpersönlich – nach einem Telefonat mit mir - das Fortbestehen der Station öffentlich kommuniziert. Dafür möchte ich mich heute, im Namen aller, die für den Erhalt der Geburtenstation in Hartberg gekämpft haben, im Namen aller Frauen aus der Region und auch im Namen aller Bediensteten, bei Ihnen in aller Form bedanken. Aber warum habe ich das alles gemacht? Mein Kinderwunsch ist definitiv abgeschlossen, ich wohne nach einem Umzug sogar in der Nähe von Graz und auch meine engsten Freundinnen werden keine Kinder mehr in Hartberg zur Welt bringen.


Ich habe mich sozusagen an die Front begeben, weil ich 1. darum gebeten wurde. Unser "Von Mama zu Mama"-Netzwerk ist groß und auch die Verzweiflung der Frauen nach dieser Hiobsbotschaft im Juni sowie die Verzweiflung der Bediensteten auf der Station war groß. Ich wurde gebeten, zu helfen.


2. aus Solidarität und Empathie gegenüber den Frauen in der Region. Ich hab diesen ganzen Aufwand nicht auf mich genommen, um eine politische Bühne zu betreten, um bei den nächsten Wahlen selbst für ein politisches Amt zu kandidieren. Das wird oder wurde ja - sogar von einigen hier Anwesenden - stark vermutet. Und zu guter Letzt habe ich habe mich "an die Front" begeben, weil ich den Glauben an die Demokratie nicht verloren habe. (Petitionen gehören zum modernen Spektrum der politischen Partizipation und sind ein wichtiges Intrument der parlamentarischen Demokratie)

So ganz weg vom politischen Fenster bin ich aber tatsächlich nicht. Vor allem, wenn Sie im Zuge des Fortbestehens der Station "immer" von "derzeit“ und "im Moment“ sprechen, steht für mich fest, dass ich, gemeinsam mit der großen #vmzm Community, am Ball bleiben werde.


Wir wissen, dass im nächsten Jahr Wahlen anstehen und dass das Fortbestehen der Station auch aus wahltaktischen Gründen kommuniziert werden hätte können. Aber vor allem wissen wir, welchen Wert diese Geburtenstation im LKH Hartberg für unsere Region hat, wie gut die Station funktioniert und wie kompetent die Versorgung dort ist und wir werden somit wachsam sein. Sollte man in der nächsten Legislaturperiode wieder auf die Idee kommen, uns Frauen am Land unser Recht, oder nennen wir es wieder Privileg zu nehmen, werden wir wieder laut sein. Lauter als je zuvor. Immerhin wissen wir jetzt schon wie’s geht. Und abschließend habe ich noch eine Bitte: Bitte schauen Sie, dass unsere Gesundheitsversorgung nicht weiter den Bach runter geht. Denn ob es mir gefällt oder nicht: Es liegt in Ihrer Hand. Danke.





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